Stahlbezeichnungen – was macht hochwertige Stähle aus?

Stahl ist in unserer heutigen Zeit überall, denn es ist eines der wichtigsten Materialien für uns. Die Stahlbauweise ist im Bauwesen überall zu finden und war ein wesentlicher Fortschritt gegenüber den vorigen Stein- oder Ziegelbauten. Stahlbaukonstruktionen ermöglichen es uns besonders hoch oder schnell und kostengünstig Bauwerke errichten zu können. Im Transportwesen ist Stahl ebenfalls unverzichtbar, annähernd jedes Transportmittel enthält Stahl. Moderne Stähle können für die unterschiedlichsten Anforderungen entsprechend hergestellt werden. Auch zu Hause sind Edelstahlgeländer oder Edelstahlhandläufe elegant, sicher und resistent gegen Rost.

Was ist Stahl?

Die Geschichte des Stahls beginnt schon mit den Ägyptern, die vor über 5000 Jahren eisenhaltiges Meteoritengestein verarbeiteten. Sie stellten damals kleine Schmuckstücke damit her und hatten noch ein recht geringes Wissen über die Möglichkeiten dieses Werkstoffes. Etwas später, etwa 3000 Jahre v. Chr., waren Menschen erstmals in der Lage, mithilfe des sogenannten Rennverfahrens, aus Eisenerz reines Eisen herzustellen. Eisenerz ist ein natürlich vorkommendes Gemenge aus chemischen Verbindungen des Eisens. Die Verfahren zur Eisengewinnung wurden über die Jahrhunderte immer weiter verbessert und der Reinheitsgehalt des Eisens konnte verbessert werden. Doch was unterscheidet Eisen von Stahl? Hier ist der Kohlenstoffgehalt des Eisens entscheidend. Liegt der Kohlenstoffgehalt unter 2,1 Prozent nennen wir dieses „Eisen“ Stahl. Mit dem Tiegelschmelzverfahren war es erstmals möglich, Eisen mit einem Kohlenstoffgehalt von weniger als 2,1 Prozent zu gewinnen. Mithilfe dieser Tiegelöfen konnte zum ersten Mal Flussstahl erzeugt werden, welcher früher im 19. Jahrhundert noch als Flusseisen bezeichnet wurde. Im frühen 20. Jahrhundert wurde dieses Flusseisen dann schließlich in den heute bekannten begriff Stahl umbenannt.


Edelstahl und rostfreier Stahl

Edelstahl ist für viele gleichbedeutend mit rostfreiem Stahl, dem ist aber nicht so. Nicht jeder Edelstahl ist auch rostfrei. Jeder rostfreie Stahl dagegen gehört der Gruppe der Edelstähle an. Was macht einen Stahl also zu einem nicht rostendem Stahl? Zuerst einmal: Kein Stahl ist wirklich komplett zu 100 Prozent rostfrei. Die korrekte Bezeichnung sollte daher eher „rost-träge“ lauten. Da sich der Begriff rostfrei aber eingebürgert hat, wird er weiterhin allgemein verwendet. Der Anteil an Chrom macht hier den entscheidenden Unterschied. Ein Stahl mit mindestens 10,5 bis 13 Prozent Chromanteil gilt als rostfrei. Dieser hohe Chromanteil bildet eine schützende Oberfläche aus Chromoxid; weitere wichtige Bestandteile eines korrosionsbeständigen Stahls sind Nickel, Molybdän, Mangan und Niob. Weitere gängige Bezeichnungen für rostfreie Stähle sind:


– Edelstahl rostfrei
– STAINLESS
– INOX (steht für inoxydable und bedeutet „nicht oxidierbar“)
– RSH (steht für rost-, säure- und hitzebständig)
– Cromargan
– V2A
– Nirosta

Cromargan Nirosta und V2A sind Markennamen. Dabei steht V2A für Versuchsschmelze 2. Austenit, welches 1912 auch als V4A mit zusätzlich 2 % Molybdän verwendet wird. Sie alle haben also einen hohen Chromgehalt gemeinsam. Weitere Legierungsbestandteile um die Korrosionsbeständigkeit noch weiter zu erhöhen sind ebenfalls zugesetzt. Dagegen eher schädliche Legierungsbestandteile von Stählen sind Stickstoff, Phosphor und Schwefel. Sie sind sogenannte Begleitelemente und kommen bei der Herstellung unbeabsichtigt hinzu. Phosphor und Schwefel kann zu Heißrissen führen. Außerdem verringert ein zu hoher Schwefelanteil die Schweißbarkeit des Stahls.


Stahlbezeichnungen – was steckt dahinter?

Edelstahl ist nicht gleich Edelstahl und die Qualität hängt stark von den einzelnen Legierungsbestandteilen ab. Wie können die einzelnen Bestandteile erkannt werden? Dies ist mit Hilfe der genormten Bezeichnungen möglich. Für Stähle gibt es zwei unterschiedliche Arten von Bezeichnungssystemen. Die Bezeichnung nach Kurznamen (DIN EN 10027-1) und die Bezeichnung nach dem Nummernsystem (DIN EN 10027-2). Ein Beispiel für die Kurznamenbezeichnung ist: S235JR. Dabei steht der erste Buchstabe für das Einsatzgebiet, hier das S für Stahlbau. Die darauffolgende Zahl 235 für die Mindeststreckgrenze von 235 N/mm2 (Sie gibt die Belastung an, die der Stahl auf Zug aushalten kann, ohne sich zu verformen). Die beiden Buchstaben JR am Ende sind ein Zusatzsymbol und geben hier die sogenannte Gütegruppe an. Die Gütegruppe beschreibt die Kerbschlagzähigkeit in Joule – ein Maß für die Widerstandfähigkeit gegen schlagartige Beanspruchung. Je höher die Kerbschlagzähigkeit, desto widerstandsfähiger ist der Stahl. Es gibt noch viele weitere Zusatzsymbole für Stähle. C steht beispielsweise für eine gute Formbarkeit bei niedrigen Temperaturen und das Zusatzsymbol T gibt die Eignung des Stahls für Rohre an. Diese Zusatzsymbole können also bei Bedarf ganz einfach nachgeschlagen werden. Die Bezeichnung nach Nummernsystem ist folgendermaßen aufgebaut: X.YYZZ(AA). Dabei steht das X für die Hauptgruppe des Stahls und die Position Y gibt die Sortennummer an. Z steht für die sogenannte Zählnummer und das AA in Klammern ist die erweiterte Zählnummer. Sie wird benötigt, falls die Stahlsorten zunehmen und die Nummern erweitert werden müssen. Unser eben genanntes Beispiel S235JR wird mit der Nummernsystembezeichnung zu 1.0037. Hinter der oft genannten Edelstahl Legierung V2A kann so beispielsweise ein 1.4301 oder ein 1.4541 stecken. Sie unterscheiden sich also in der Stahlgruppennummer und in der Zählnummer. Sie weisen also eine unterschiedliche Zusammensetzung der Legierungsbestandteile auf, obwohl es sich bei beiden Stählen um V2A Edelstähle handelt. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass es sich bei dem Nummernsystem um die genauere Bezeichnungsmethode handelt. An dieser Stelle eine kleine Übersicht der Stahlgruppennummern für legierte Stähle:

20 bis 89 Edelstähle

20 bis 28 Werkzeugstähle

32 und 33 Schnellarbeitsstähle

35 Wälzlagerstähle

36 bis 39 Stähle mit besonderen Eigenschaften

40 bis 45 nichtrostende Stähle

46 chemisch beständige Stähle

47 Hitzebeständige Stähle

49 Hochwarmfeste Stähle

50 bis 84 Bau-, Maschinenbau- und Behälterstähle

85 Nitrierstähle

87 bis 89 nicht für eine Wärmebehandlung beim Verbraucher bestimmte Stähle.


Hochwertiger Stahl

Ein hochwertiger Stahl, wird also je nach Einsatzgebiet und Beanspruchung ganz unterschiedliche Legierungsbestandteile haben. Wichtig ist es, die Beanspruchungen genau zu kennen und dann den passenden Stahl auszuwählen. Ein Edelstahlhandlauf sollten eine hohe Korrosionsbeständigkeit und gleichzeitig eine hohe Festigkeit aufweisen können. Edelstahl-Fenstergitter müssen zusätzlich zur Korrosionsbeständigkeit auch eine hohe Sicherheit gegen Zerstörung bei Einbruchversuchen bieten können.

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Marius Wittig (Techniker)

Marius Wittig (Techniker)

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